Tokio Handball

Ein Fazit – Handball bei der Olympiade in Tokio

Lang hat er nicht angehalten, unser Traum von der olympischen Medaille für die deutschen Handballteams. Schön war er dennoch.

Dabei mussten die Männer bereits vor der K.O.-Runde eine Niederlage hinnehmen, als Ersatzspieler Tobias Reichmann laut Reglement nicht mehr eingewechselt werden durfte und ohne Einsatz auf dem Spielfeld aus Tokio wieder abreiste. Im Viertelfinale gegen Ägypten war es nach einem 26:31 (12:16) auch für seine Mannschaftskameraden endgültig aus, nachdem sich die Fans vor allem dank starker Leistungen von Andreas Wolff und Johannes Bitter bereits Hoffnung auf eine Wiederholung der Ergebnisse der Olympiade in Rio 2016 gemacht hatten. Damals waren die deutschen Herren mit einer Bronzemedaille im Gepäck zurück in die Bundesrepublik geflogen.

Ägypten stoppt die deutsche Mannschaft

Für Ägypten war der Sieg über die deutsche Mannschaft ein wichtiger Schritt auf ihrem Weg zu einer möglichen ersten Handball-Medaille. Mit 27:23 (13:13) unterlagen sie im zwar Halbfinale den Handballern aus Frankreich, die im Finale gegen Dänemark antreten, während Ägypten gegen Spanien um den dritten Platz spielt.

Damit sind außer den deutschen Herren auch die bisherigen Rekordhalter in der ewigen Tabelle der olympischen Spiele in dem Sport und Favoriten bei den Handballwetten nicht im Rennen: Die mit sieben Goldmedaillen, zwei Silber- und drei Goldmedaillen unangefochten an der Spitze im historischen Medaillenspiegel liegenden russischen Handballherren waren diesmal gar nicht erst am Start. Südkorea, mit zwei Goldmedaillen, vier Mal Silber und ein Mal Bronze an zweiter Stelle der ewigen Handball-Tabelle bei Olympia, war ebenfalls bei den Herren nicht dabei.

Die deutsche Frauen-Handballnationalmannschaft war nicht dabei

Die deutschen Handball-Frauen waren zur Enttäuschung der Fans ebenfalls nicht bei Olympia am Start. Die in Europa vor allem in Skandinavien und osteuropäischen Ländern bevorzugte Sportart ist ein relativ junger Zugang bei den olympischen Spielen. Den ersten Auftritt als Feldhandball-Spieler hatten die Athleten bei der Olympiade in Berlin 1936. Gastgeber Deutschland holte dort schließlich die Goldmedaille, vor Österreich und der Schweiz.

Danach war lange Zeit Schluss mit Olympia, ehe der Handballsport in seiner jetzigen Form auf einem deutlich kleineren Feld für die Olympischen Spiele 1972 in München ins Programm der Männer aufgenommen wurde. Vier Jahre später, bei der Olympiade im kanadischen Montreal, durften endlich auch die Damen um die begehrten Medaillen kämpfen.

Dabei erwiesen sich vor allem die UdSSR und ihr Nachfolgestaat Russland, aber auch Jugoslawien und die DDR als herausragende Teams. Die DDR gewann 1980 in Moskau die zusammen mit der Bundesrepublik unter Gesamtdeutschland gezählte einzige Goldmedaille der Deutschen. Nach dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens gewann Kroatien 1996 in Atlanta in den USA und 2004 in der griechischen Hauptstad Athen und damit der Wiege der Spiele Gold.

Erster westdeutscher Goldmedaillist wurde Frankreich im Jahr 2008 im chinesischen Peking. Als ernstzunehmende Gegner für die Osteuropäer erwiesen sich außerdem zunehmend Spanien und Schweden bei den Herren und Dänemark bei den Damen.

Als Ausnahmesportlerin, die in gleich zwei Disziplinen Medaillen holte, ging die DDR-Athletin Roswitha Krause in die olympische Geschichte ein. Bevor sie 1976 mit dem DDR-Team im Handball die Silber- und 1980 die Bronzemedaille holte, bevorzugte sie das nasse Element und erschwamm 1968 in Mexico City mit der 4 x 100-Meter-Freistaffel Silber.

Mit dem Einzug ins Viertelfinale haben die deutschen Herren uns zumindest bewiesen, dass sie einen neuen Auftrieb erlebt haben. Bei der Weltmeisterschaft im Handball, die im Januar in Ägypten ausgetragen wurden, kamen sie trotz einiger guter Aktionen gar nicht erst über die Hauptrunde hinaus.

Nach Olympia ist vor der Europameisterschaft

Tokio Handball

Bundestrainer Alfred Gislason und sein Kader haben nach dem Olympia-Aus nur wenig Zeit, die Enttäuschung zu verarbeiten. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, und bei der in fünf Monaten stattfindenden Europameisterschaft wollen sie endlich wieder an die Spitze anknüpfen. Zumindest eine kurze Ruhepause steht nun an, nach WM, einer harten Bundesligasaison mit 38 Spieltagen, und jetzt der Olympiade in der sengenden Hitze von Japan.

Allzu lange können sie sich allerdings nicht erholen, ehe in vier Wochen die neue Bundesligasaison beginnt.

Einen Rekord halten die deutschen Handballer aber zumindest derzeit noch. In der ewigen Tabelle bei den Weltmeisterschaften liegen sie mit 180 Spielen, einer Tordifferenz von 788 sowie 255 Punkten knapp vor Schweden. Diese haben zwar trotz nur 178 Spielen mit 122 Siegen schon jetzt zwei Siege mehr als die Deutschen, aber sie haben auch neun Unentschieden und fünf Niederlagen mehr kassiert als die schwarz-rot-goldene Mannschaft. Mit 250 Punkten sind die Schweden dem Spitzenreiter hart auf den Fersen. Auch Spanien wird Deutschland gefährlich. In 167 Begegnungen hat die spanische Mannschaft bereits 115 Siege, acht Unentschieden und 44 Niederlagen verbucht. Mit 238 Punkten liegen sie damit in der ewigen WM-Tabelle auf Platz drei, nur drei Punkte vor Frankreich.

So traurig der medaillenlose Abschied aus Tokio für die deutschen Handballer ist, ein rein europäisches Finale gibt dem Sport insgesamt auch in der Heimat neuen Auftrieb, und Ägypten kann sich erstmals in seiner Handball-Geschichte Hoffnungen auf einen Podiumsplatz machen. Schließlich gehört zu dem olympischen Ideal von „schneller, höher, weiter“ auch der Gedanke, sich fairerweise selbst für seine Kontrahenten freuen zu können. Dabei sein war nicht nur in diesem Falle alles.